1 kind reicht
Mutter, Vater, Kind. Und Schluss. Sieht so die Familie der Zukunft aus? Aktuelle Statistiken legen das nahe: Schon lebt in etwa der Hälfte der deutschen Haushalte nur ein Kind. Gründe dafür gibt es viele, und sie lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen: höhere Gewalt - und bewusste Entscheidung. Unter die erste Gruppe fallen zum Beispiel all die Elternpaare, die durchaus an ein Geschwisterchen dachten, denen aber das Leben einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Häufigster unfreiwilliger Grund sind Trennung und Scheidung: 36 Prozent aller Einzelkinder haben alleinerziehende Mütter oder Väter. Auch Krankheiten und Todesfälle machen Planungen zunichte. Immer mehr Paare trifft auch die so genannte sekundäre Unfruchtbarkeit: Es kommt kein zweites Kind, obwohl es schon einmal geklappt hat. Dann gibt es noch die Paare, die schon das erste Kind nur mithilfe künstlicher Befruchtung bekommen konnten - und sich die oft langwierige, nervenzehrende und zudem auch sehr teure Prozedur kein zweites Mal zumuten wollen. Im Jahr bekam die Durchschnitts-Deutsche 1,37 Kinder.
1 Kind reicht: Die Vorteile eines Einzelkindes
Und wir fahren auch öfters in Urlaub. Mit einem Kind ist dies gut machbar, aber mit zwei? Für Milla dagegen spielt der Beruf eine entscheidende Rolle: "Im Moment bin ich noch zuhause, aber wenn mein Kleiner in den Kindergarten kommt, möchte ich schon gerne wieder arbeiten. Für den Entwicklungspsychologen und führenden deutschen Geschwister- beziehungsweise Einzelkind-Forscher Hartmut Kasten sind solche Aussagen typisch. Seit Jahren beschäftigt er sich mit dem Thema und erklärt in einem ZDF-Interview: "Die Gesellschaft ist nicht kinderfreundlich, gerade für die staatlich unterstützte Kleinkinderziehung wird viel zu wenig getan. In der Wertewelt der Erwachsenen steht heute die Selbstverwirklichung, die individuelle Lebensqualität im Vordergrund. Viele seien nicht bereit, das in Kauf zu nehmen. Danach seien sie häufiger beide berufstätig, seien Akademiker und selbstständig tätig, praktizierten in ihrer Beziehung die traditionelle Rollenverteilung weniger streng, lebten öfter ohne Trauschein und auch Trennungen beziehungsweise Scheidungen kämen in diesen Kleinfamilien häufiger vor.
Soziale Kompetenzen bei Einzelkindern | Mutter, Vater, Kind. Und Schluss. |
Die Rolle der Eltern bei der Entwicklung eines Einzelkindes | In Deutschland gibt es immer mehr kinderlose Haushalte. Auch die Anzahl der Ein-Kind-Familien nimmt zu. |
Soziale Kompetenzen bei Einzelkindern
Läuft das zweite Kind tatsächlich einfach so mit, wie der Volksmund behauptet? Nein, sagt Familienexpertin Romina Brunner. Die zeitliche und emotionale Präsenz ist mit zwei Kindern viel grösser, als mit einem. Besonders bei geringem Abstand zwischen den Schwangerschaften. Familienexpertin Romina Brunner ist selber Mutter von zwei Kindern und berichtet offen über ihre Erfahrungen. Mein Partner und ich haben einen 14 Monate alten Sohn. Jetzt wünscht sich mein Mann ein weiteres Kind, mir geht das zu schnell. Ich bin schon jetzt oft am Anschlag und hänge zudem an meiner Freiheit. Was meinst du? Ist es so, dass zwei Kinder unverhältnismässig mehr Aufwand bedeuten, als eines. Oder läuft das zweite einfach so mit, wie mein Mann behauptet? Liebe Simona. Aus Erfahrung kann ich dir versichern, dass die zeitliche Belastung — aber vor allem auch die emotionale Präsenz — mit zwei Kindern viel grösser ist, als sie mit einem war. Dazu kommt: Je geringer der Altersunterschied der Geschwisterkinder ist, umso strenger gestaltet sich dein Alltag als Mutter.
Die Rolle der Eltern bei der Entwicklung eines Einzelkindes
Was ist da los? Trennen die sich etwa? War mein Mann schwer krank? Niemand schien sich vorstellen zu können, dass wir einfach gerne nur ein Kind haben. Dass Einzelkinder und ihre Eltern bis heute so kritisch beäugt werden, erstaunt umso mehr angesichts ihrer schieren Anzahl: Mehr als drei Millionen Einzelkinder leben derzeit in Deutschland, was bedeutet, dass jedes vierte Kind ohne Geschwister aufwächst. Und es gibt keinen Hinweis darauf, dass das in irgendeiner Hinsicht problematisch wäre. Wissenschaftlich ist längst klar belegt: Geschwister zu haben, ist für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern weder notwendig noch unbedingt hilfreich. Einzelkinder sind weder egoistischer noch weniger sozialkompetent als Geschwisterkinder und auch nicht unselbstständiger oder schlechter in der Lage zu teilen. Trotzdem hält sich hartnäckig das Klischee des so verwöhnten wie traurigen Einzelkindes, dem eine der wichtigsten Kindheitserfahrungen vorenthalten wird. So las ich etwa während meiner zweiten Schwangerschaft in einem Schweizer Mamablog, mindestens zwei Kinder zu bekommen sei schon deswegen wichtig, weil ein Einzelkind oft wie ein besonders exotisches und pflegebedürftiges Haustier!